03.09.2022 16:23 Uhr
Wieder einmal fließt kein russisches Gas nach Deutschland. Gazprom begründet dies einmal mehr mit technischen Problemen in der Pipeline Nord Stream 1. Aber auch ohne russisches Gas gibt es in Deutschland zunächst keine Gasknappheit. Tanks füllen sich noch mehr. Trotz des anhaltenden Lieferstopps kann Erdgas weiterhin in Deutschland gespeichert werden. Das teilte der Branchenverband Initiative Energies Storage (INES) mit. Dass dies möglich ist, hat laut INES-Vertreter Sebastian Bleschke bereits am vergangenen Mittwoch, dem ersten Tag der Lieferunterbrechung, gezeigt. Unter dem Strich wurden an diesem Tag bundesweit 611 Gigawattstunden Erdgas in die Speicher eingespeist. Der russische Gasriese Gazprom hat die Erdgaslieferungen nach Deutschland über die Pipeline Nord Stream 1 auf unbestimmte Zeit eingestellt.Begründet wurde der am Mittwoch begonnene Lieferstopp zunächst mit routinemäßigen Wartungsarbeiten an einer Verdichterstation. Die Lieferungen sollten heute Morgen wieder aufgenommen werden, aber in der Nacht zum Freitag gab Gazprom bekannt, dass Lieferungen über Nord Stream 1 wegen eines Öllecks in einer Turbine nicht möglich seien. Zur Dauer des Lieferstopps machte das Team keine Angaben. Insgesamt ist die Situation in der Erdgasversorgung laut aktuellem Gasversorgungsmanagementbericht der Bundesnetzagentur angespannt. Eine weitere Verschlechterung der Lage kann nicht ausgeschlossen werden. „Aber die Gasversorgung in Deutschland ist derzeit stabil. Die Versorgungssicherheit in Deutschland ist derzeit gewährleistet.“
“Beschleunigung des Weges zur Energieunabhängigkeit”
Aktuelle Zahlen der europäischen Gasspeicherbetreiber für ganz Europa zeigen für den vergangenen Donnerstag ein ähnliches Bild wie in Deutschland: Rund 910 Gigawattstunden wurden an diesem Tag eingespeist und 324 entnommen. Unter dem Strich wurden 586 Gigawattstunden Gas gespeichert. Deutschland bezieht mittlerweile mit Abstand das meiste Erdgas aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Aus diesen Ländern flossen am Donnerstag nach Angaben des Bundesnetzdienstes rund 2900 Gigawattstunden Erdgas nach Deutschland. Zum Vergleich: Am Montag, vor der angekündigten Lieferkürzung, transportierte Nord Stream 1 rund 348 Gigawattstunden russisches Erdgas. „Ich gehe davon aus, dass die Speicherung auf diesem Niveau gehalten werden kann, sodass das 85-Prozent-Ziel in wenigen Tagen erreicht wird“, so Bleschke weiter. „Sollte der komplette Ausfall des russischen Gastransports bis November andauern, bedarf es großer Anstrengungen, um das 95-Prozent-Ziel zu erreichen.“ Nach einer neuen Verordnung müssen Speicher in Deutschland bis zum 1. November zu mindestens 95 Prozent gefüllt sein. 85 Prozent sind das Ziel für den 1. Oktober. Die Bundesregierung will mit verschiedenen Maßnahmen dafür sorgen, dass Deutschlands Gasspeicher zu Beginn der Heizsaison nahezu voll sind. Deutschland soll also besser gegen einen Totalausfall russischer Lieferungen im Winter gewappnet sein. Die auf dem 95-Prozent-Niveau gespeicherte Erdgasmenge entspricht in etwa dem nationalen Verbrauch von Januar und Februar 2022. „Der Einsatz von Erdgas als Waffe wird die Entschlossenheit der EU nicht ändern“, schrieb EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter. “Wir werden unseren Weg zur Energieunabhängigkeit beschleunigen.”