“Wer gewinnt hier wirklich und macht große Geschäfte?” fragte Bundesrätin Simonetta Sommaruga am Donnerstag im Blick TV. Die Strompreise explodieren. Schweizer Haushalte können mit einem Plus von 30 Prozent rechnen. Unternehmen, die Strom auf dem freien Markt kaufen, zahlen bis zu 2.000 Prozent mehr. Doch Hilfe vom Staat gibt es derzeit nicht. Die Preise seien überschaubar, sagt der Bundesrat. Stattdessen verweist die Regierung auf Energieunternehmen. “Wer gewinnt hier wirklich und macht große Geschäfte?” fragte Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) am Donnerstag bei Blick TV. „Manche Unternehmen können plötzlich Milliardengewinne machen. Man muss sich fragen, was man mit überschüssigen Gewinnen macht.“ Das ist ein Frontalangriff auf die Machtbarone, die den Saft bei gleichen Produktionskosten zu immer höheren Preisen verkaufen. Axpo hat im ersten Halbjahr 500 Millionen Franken Gewinn gemacht, Alpiq 114 Millionen Franken. Am Dienstag legt die BKW ihre Halbjahresergebnisse vor. Doch welche Rolle spielt die Krise dabei? Wie können Mehrgewinne berechnet werden? Darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Jetzt wird es noch kontroverser.

“Der Bundesrat muss handeln”

Bundespräsident Martin Hirzel (52) wirft den Strombaronen vor, riesige Profite zu machen, ohne viel Eigenes zu tun. Der Branchenverband ist nun im Gespräch mit ihnen. Swissmem wollte sich dazu auf Anfrage nicht konkret äussern. Doch das Ziel scheint klar: Überschüssige Gewinne sollen in angeschlagene Unternehmen fließen. Der Gewerbeverband und Gastrosuisse hingegen wollen den Bundesrat in die Pflicht nehmen: Er soll Unternehmen, die bisher am freien Markt Strom bezogen haben, die Rückkehr zur Grundversorgung ermöglichen. «Die Preisexplosion bedroht die Existenz unzähliger Unternehmen und Arbeitnehmer», sagt Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer (60). «Der Bundesrat muss handeln.» Alexander Keberle (30), Leiter Energie bei Economiesuisse, stimmt zu, dass wir darüber reden müssen, Unternehmen zu helfen, deren Existenz gefährdet ist. „Aber wir sollten das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Wir befürchten daher eine großflächige Rückkehr der Unternehmen zur Grundversorgung oder Gewinnabstriche bei den Energieversorgern. Dies gilt auch für eine staatliche Strompreisobergrenze.’ Genau damit droht SP-Nationalrätin Gabriela Suter (49): «Energieunternehmen sollen Strom nicht zu sechs Rappen pro Kilowattstunde produzieren und für mehr als einen Franken am Markt verkaufen.» Die Energiekommission des Nationalrats hat diese Woche einen Brief an den Bundesrat gesandt. Er fordert einen runden Tisch mit den Elektrizitätsunternehmen und ihren öffentlichen Eigentümern – Gemeinden, Städten und Kantonen. «Als Eigentümer sollten Sie dafür sorgen, dass Unternehmen auf die Gewinne der Krise verzichten», sagt Gabriela Suter. “Sonst muss der Bund die Preise deckeln.” Gegebenenfalls wird die SP in der Herbstsession eine entsprechende Initiative lancieren.

Roberto Schmidt warnt vor Dividendenzahlungen

Wie reagieren die Kantone? Der Walliser Regierungsrat Roberto Schmidt (60) ist neuer Präsident der Energiedirektorenkonferenz (EnDK). Er sagt: „Unternehmen am freien Markt profitieren seit Jahren von sehr niedrigen Strompreisen.“ Aus dem gleichen Grund waren große Stromproduzenten, insbesondere Betreiber von Wasserkraftwerken, in den letzten Jahren gezwungen, ihren Strom teilweise mit Verlust zu verkaufen. “Dann krähte kein Hahn.” Schmidt sagt aber auch: „Das Management von Stromproduzenten, die jetzt von hohen Preisen profitieren – und auch die Eigentümer – müssen genau überlegen, was sie mit diesen Gewinnen machen. Es wäre schwer nachzuvollziehen, ob jetzt in großem Umfang Dividenden gezahlt werden.’ Daher schlägt der Vorsitzende der EnDK vor: „Das Geld sollte idealerweise in den Ausbau der Erneuerbaren Energien in Deutschland fließen.“ Schmidt hat keine Verwendung für eine Preisobergrenze: „Man kann nicht jahrelang sagen, dass Strom zu billig ist und zum Beispiel mit Lenkungssteuern teurer gemacht werden muss – und wenn er steigt, werden die Preise gekappt. “ Deshalb steigen die Strompreise In der Schweiz beziehen sechs Millionen Kunden Strom aus dem Grundversorgungsmarkt – rund 40 Terawattstunden pro Jahr. Die Preise werden staatlich kontrolliert und lagen bis vor kurzem über denen des freien europäischen Marktes. 23’000 energieintensive Schweizer Unternehmen beziehen dort Strom – rund 20 Terawattstunden pro Jahr. Auf dem freien Markt sind die Erdgaspreise entscheidend. Sie bestimmen die Strompreise – Experten sprechen vom Merit-Order-Prinzip. Da Erdgas immer teurer wird, wird auch Strom teurer. In der Schweiz beziehen sechs Millionen Kunden Strom aus dem Grundversorgungsmarkt – rund 40 Terawattstunden pro Jahr. Die Preise werden staatlich kontrolliert und lagen bis vor kurzem über denen des freien europäischen Marktes. 23’000 energieintensive Schweizer Unternehmen beziehen dort Strom – rund 20 Terawattstunden pro Jahr. Auf dem freien Markt sind die Erdgaspreise entscheidend. Sie bestimmen die Strompreise – Experten sprechen vom Merit-Order-Prinzip. Da Erdgas immer teurer wird, wird auch Strom teurer.

BWK greift an

Und was sagen die Energiekonzerne? «Die BKW profitiert nicht vom heutigen hohen Preisniveau und kann ihren Kunden Strom nicht günstiger anbieten», betont das Berner Unternehmen. Westschweizer Konzern Alpiq sagt: «Extrem hohe Strompreise an den Börsen sind für niemanden tragbar.» Es gibt Diskussionen, aber nicht in der Öffentlichkeit. Die BKW ging sogar in die Offensive und warnte, dass auch Unternehmen etwas tun könnten – nämlich durch Senkung des Energieverbrauchs und Senkung der Beschaffungskosten und des Energieverbrauchs. Unterstützung für die Stromversorger kommt von GLP-Präsident Jürg Grossen (53): «Die Abschöpfung von Gewinnen aus der Krise ist ebenso abzulehnen wie eine Preisobergrenze. Das sind populistische Forderungen, die an der Realität vorbeigehen.“ Auf keinen Fall würden alle Stromlieferanten Gewinn machen. „Außerdem sind sogenannte Krisengewinne nicht ohne Weiteres von Normalgewinnen zu unterscheiden. Das ist nicht praktikabel.” Entscheidend sei, dass das Land nun weniger Energie und Strom nutzlos verschwende, sagt Grossen. „Auch weil wir eng in das europäische Strom- und Gasnetz eingebunden sind. Wir müssen solidarisch sein.”

Wenn die Schweiz Sicherheiten will, muss sie auch etwas bieten

Bundesfinanzminister Robert Habeck (53) sieht das so. „Sollte es in Deutschland zu einem Notstand für Erdgas kommen, sind auch die derzeit von Deutschland versorgten Gebiete betroffen“, sagt Hambecks Ministerium auf Anfrage – und winkt mit dem Zaunpfosten: „Insofern wären die Einsparmaßnahmen sicherlich sinnvoll und notwendig .” Bundesrätin Sommaruga bemüht sich seit langem um den Abschluss von Solidaritätsabkommen mit den Nachbarländern. Hambeks Ministerium sagt, Solidarität müsse auf Gegenseitigkeit beruhen. „Die Schweiz kann hier eine aktive Rolle spielen. Dann zeigt sich nicht nur eine Einigung in eine Richtung, sondern auch gegenseitige Unterstützung.“ Mit anderen Worten: Wenn die Schweiz Sicherheiten will, muss sie auch etwas liefern. Eine deutliche Reduzierung des eigenen Energieverbrauchs wäre ein Anfang. Es gibt mehrere Anreize – hauptsächlich Strompreise.