Endres möchte diesen Schatz heben, zur Energiesicherheit Deutschlands beitragen und damit Gewinne für sein Unternehmen und die Gemeinde Holzkirchen sichern. Eigentlich ein Volltreffer, sagt Endres, „ein geschorenes Oktoberfest“, wie man es in Bayern nennt. Aber es wartet seit Jahren auf grünes Licht. Die Gemeinde Holzkirchen zögert und vom Finanzministerium gibt es keine Unterstützung. Quelle: Infografik WELT Tatsächlich versprach Markus Söder (CSU) das „Whatever it takes“-Prinzip für die Energieversorgung. „Sammeln Sie energetisch alles, was möglich ist – und lassen Sie nichts aus“, sagte der bayerische Ministerpräsident im Juli gegenüber WELT AM SONNTAG. Damit sind aber offensichtlich vor allem die anderen Bundesländer gemeint. Söder schlug vor, dass Norddeutschland über Fracking nachdenken sollte. Erdgas in Bayern, das ohne das umstrittene Fracking gewinnbar wäre, erscheint nicht der Rede wert. „Wenn Söder es wirklich ernst meinte, würde er uns unterstützen“, klagt Endres. Auch Christoph Schmid, Bürgermeister von Holzkirchen, wünscht sich mehr Engagement vom bayerischen Finanzministerium. Denn der CSU-Politiker ist alles andere als überzeugt von Endres’ Plänen. Er befürchtet, dass Gasquellen seiner Gemeinde schaden und niemand dafür bezahlen wird. Deshalb verlangt er Sicherheiten, zum Beispiel in Form einer Bürgschaft des Finanzministeriums. Aber dort gebe man ihm nur Ausflüchte, sagt er am Telefon. Eigentlich ist Schmid gerade im Urlaub in Schottland, aber das Thema ist ihm wichtig.
„Mittlerweile haben sogar die Rot-Grünen in München einen kalten Hintern“
Der Stresstest von Robert Habeck legt den Weiterbetrieb zweier Kernkraftwerke nahe, darunter das Kernkraftwerk Isar 2 in Bayern. Bayerns Finanzminister Hubert Aiwanger fordert seit März einen solchen Test: „Es ist jetzt September – die Ideologie der Grünen ist offensichtlich wichtiger als die Wirtschaft im Freistaat.“
Die Gasbohrung in Holzkirchen ist nach Ansicht des Bürgermeisters alles andere als ein sicherer Erfolg, aber mit Risiken verbunden. “Im Bergbau sagt man: Ab drei Meter unter Tage wird es dunkel vor der Hacke.” Besonders fürchtet Schmid um das Geothermie-Kraftwerk Holzkirchen, das seine Gemeinde für 70 Millionen Euro gebaut hat. Es ging vor drei Jahren an den Start und liefert seitdem Ökostrom für 5.000 Haushalte und klimaneutrale Wärme für bis zu 7.500 Haushalte. Wenn Gasbohrungen ein Erdbeben verursachen, könnte die Anlage verschüttet werden, befürchtet er. “Es ist legitim, Ihre Investition zu schützen.” Doch nicht nur die Investition macht ihm Sorgen, sondern auch die Angst der Bürger, dass Erdgas unter ihrem Haus abgepumpt wird. Denn das Gas liegt knapp unterhalb des Wohngebietes.
„Viele Emotionen, wenige Fakten“
Marcus Endres hält diese Bedenken für unbegründet. Er sieht in der Debatte “viel Emotionen, wenig Fakten”. Immer wieder musste er betonen, dass Holzkirchen nichts für Fracking sei. Um den Befürchtungen entgegenzuwirken, reichte er beim Rathaus Holzkirchen ein wissenschaftliches Gutachten ein, dass die Gasbohrung unter Holzkirchen unbedenklich sei. 1,5 Millionen Euro hat sein Unternehmen bereits investiert. Laut einem Firmenprospekt aus dem Jahr 2020 wurde mit einem Nettogewinn von 185 Millionen Euro gerechnet – bei heutigen Gaspreisen dürfte die Summe ein Vielfaches betragen. 10% davon könnten laut Angebot an die Gemeinde nach Holzkirchen gehen. Sie reichen nicht aus, um den Bürgermeister zu überzeugen. Schmid prüft nun den Bericht der Geologen des Unternehmens, die das Geothermieprojekt bereits begleitet haben. „Ich bin überrascht, dass Herr Endres so hartnäckig mit uns spricht. Das ist eine Ehre für ihn“, sagt Schmid. Denn theoretisch könnte Terrain Energy seine Arbeit auch ohne die Community erledigen. Es muss schließlich vom Finanzministerium genehmigt werden und ein Bohrplatz könnte auch auf Privatgrundstücken gefunden werden. „Es gibt mehrere Interessenten“, ist sich Entres sicher. Aber er weiß, dass es ohne die Infrastruktur der Gemeinde und ohne die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger schwierig wird. Lesen Sie auch Lesen Sie auch In den vergangenen Jahren sind mehrere Bohrprojekte in Bayern am Widerstand vor Ort gescheitert. 2013 gab die RAG Austria ihr Vorhaben auf, im Chiemgau bei Bad Endorf nach Erdgas zu bohren. Und erst im Januar dieses Jahres stoppte Wintershall Dea alle Pläne für Halfing im Raum Rosenheim, wo das Unternehmen 1,3 Milliarden Kubikmeter Gas vermutete. „Wenige Wochen später war die Weltlage plötzlich anders, da hätten sie es wohl verkraftet“, sagt Endres. Aber warum greift das bayerische Finanzministerium nicht ein?
“Seltsame Geschichte”
Auf WELT-Anfrage sagte ein Sprecher, es sei nicht geplant, Kommunen in Form von Sicherheiten zu unterstützen. Die Risiken der Erdgasförderung in Bayern sind sehr hoch und müssen von den Unternehmen getragen werden.
Marcus Endres bringt diese Aussagen “in Verzweiflung”. Denn das „Risiko“ bezieht sich hier auf den finanziellen Verlust – wenn Sie bohren und trotzdem kein Gas finden – nicht auf mögliche Umweltschäden. Aber viele würden dies missverstehen, was die Angst vor seiner Arbeit weiter schürt.
Das bayerische Finanzministerium schätzt die Reserven in Bayern nach Angaben eines Sprechers auf ein bis zwei Prozent des Jahresbedarfs. Nicht genug, um sich zu engagieren. Marcus Endres beschreibt es als „seltsame Geschichte“. Das Ministerium berücksichtigt nur bereits nachgewiesene Vorkommen – tatsächlich sind die Möglichkeiten deutlich höher. „Das Ministerium soll die Wirtschaft fördern. Im Gegenteil, es gibt Hindernisse auf unserem Weg.”
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Dass das Gas unter Holzkirchen liegt, steht außer Frage. Zufällig entdeckt. bei der Bohrung für das Geothermiewerk Holzkirchen, die sich dadurch um Monate verzögerte. Die geschätzte Menge liegt bei etwa einem Hundertstel der Vorkriegs-Jahreslieferung aus Russland über Nord Stream 1 – allein davon wird die deutsche Wirtschaft nicht überleben können.
Für Terrain Energy ist es noch viel: „Das wäre unser Vorzeigeprojekt in Deutschland“, sagt CEO Marcus Endres. Im Oktober, wenn die Gemeinde Holzkirchen ihren Bericht geprüft hat, will sie den Genehmigungsantrag stellen. Dann dauert es 18 Monate, bis die Bohrungen beginnen, und weitere drei Monate, bis das erste Gas fließt. Vorausgesetzt, die Community stimmt zu.
Bürgermeister Schmid ist skeptisch, dass es dazu kommt. “Vor jeder Entscheidung frage ich mich: Würde ich es mit meinem eigenen Geld wagen?” Diese Aufmerksamkeit schulden die Bürger. Er präsidierte auch vor seiner Amtszeit als Ratsmitglied, als die Entscheidung zum Bau der geothermischen Anlage getroffen wurde. Schmid stimmte gegen den Antrag.
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