Anstatt eine Übersteuer auf Gewinne einzuführen, will die Ampelkoalition nun „Mitnahmegewinne ablehnen“. Das erspare Rechtsstreitigkeiten, sagte Finanzminister Lindner gegenüber Daily Matters. Wann die Verbraucher davon profitieren, ist noch nicht klar.
Finanzminister Christian Lindner lobte in einem Interview mit Daily Matters das Hilfspaket der Bundesregierung und verteidigte die geplante Strompreisbremse. Die nun geplante „Windfall-Abschreibung“ der Stromproduzenten ist keine „Gewinnüberschusssteuer“, die von SPD und Grünen gefordert und von Lindners FDP stets abgelehnt worden war.
Mit der heutigen Strompreisentwicklung verdienen auch Stromproduzenten, deren Produktionskosten nicht gestiegen sind, viel Geld. Dazu gehören Wind- und Solarstromerzeuger, aber auch Kernkraftwerksbetreiber.
Lindner sagte, er sei “sehr dafür”, den “Rendite-Autopiloten” im Strommarkt auszuschalten. Dass Windstromproduzenten heute so bezahlt werden, als hätten sie teures Erdgas gekauft, muss ausgelöscht werden. „Aber das kann im Strommarkt passieren, um Verbraucher und Unternehmen gezielt zu entlasten“, sagte er.
Eine überhöhte Gewinnbesteuerung hingegen hätte „Willkür“ in das Steuersystem gebracht. Man will zwar Geld bekommen, um Abhilfe finanzieren zu können, aber nicht, um einen Rechtsstreit zu führen.
Christian Lindner, Bundesminister der Finanzen, zur Finanzierung des Hilfspakets
Tagesthemen 23:20 Uhr, 4.9.2022
„Zufallsgewinne“ sollen die Strompreisbremse finanzieren
Laut Aktionsdokument des Koalitionsausschusses soll eine Kilowattstunden-Preisobergrenze für Stromerzeuger festgelegt werden, deren Gestehungskosten nicht wesentlich gestiegen sind. Sammlungen über dieser Grenze müssen abgezogen werden. In der Praxis soll dies über die Infrastruktur der bis Juli erhobenen EEG-Umlage angegangen werden.
Mit dem so eingenommenen Geld soll eine „Strompreisbremse“ bezahlt werden, die den Grundstromverbrauch für Haushalte und Unternehmen zu einem reduzierten Tarif anbietet. Die Idee einer Erlösobergrenze geht laut Lindner auf einen Vorschlag der Europäischen Kommission zurück. Die Bundesregierung hofft nun auf eine rasche EU-weite Einigung über das Instrument, am Freitag wollen die EU-Energieminister darüber beraten.
Sollte jedoch auf europäischer Ebene keine schnelle Lösung gefunden werden, werde Deutschland die Strompreisbremse selbst einführen, heißt es im Koalitionsausschuss-Dokument.
Die Summe und das Datum sind noch unklar
Wann Stromkunden von den Strompreisbremsen profitieren könnten, könne Lindner nicht sagen. Es werde schneller gehen, als viele erwarten, sagte er.
Unklar ist auch, wie hoch die abgeschöpften Mengen sein könnten. Bundeskanzler Olaf Solz sagte im ZDF-Sommerinterview, dies hänge auch von Entwicklungen auf den Strommärkten ab, die nur bedingt vorhersehbar seien. „Wenn es solche zufälligen, großen Geldsegen gibt, haben wir viele, viele Milliarden, die wir den Bürgern zurückgeben können.“
Die Kanzlerin war überzeugt, dass die Energiepreise irgendwann wieder günstig sein würden. „Denn man kann sagen, dass wir mit jedem neuen Offshore-Windpark, mit jedem Onshore-Windrad, mit all den Solaranlagen, mit viel Biomasse, mit dem Ausbau unseres Stromnetzes unabhängiger werden“, sagte er.
Grün glücklich
Obwohl auf die von den Grünen geforderte Windfall-Profit-Steuer verzichtet wurde, freute sich Bundesfinanzminister Robert Habeck: „Die Windfall-Profit-Entnahme ist nur gerecht: Denn Energieunternehmen, die Strom aus Erneuerbaren Energien, Kohle oder Kernenergie erzeugen, das machen sie zum Beispiel zu konstant niedrigen Produktionskosten, aber sie machen damit wahnsinnig viel Geld, angesichts der aktuellen Mechanismen des europäischen Strommarkts”, erklärte der Grünen-Vizekanzler.
„Dieses Geld für einen solidarischen Beitrag zum Gemeinwohl einzusetzen und damit die Strompreise zu senken und die Netzentgelte zu begrenzen, ist genau richtig.“ Damit könnte eine Strompreisbremse für Haushalte finanziert werden. “Die Haushalte werden finanziell deutlich entlastet und gleichzeitig ein Anreiz zum Energiesparen geschaffen.”